Schuhe und Kunst

Wer gerne malt und zeichnet, hatte ihn wahrscheinlich selbst schon als Zeichen-Modell: Den Schuh! Für Anfänger (aber auch für Fortgeschrittene!) eigenen sich Schuhe besonders gut zum Zeichnen, sie erfordert einen gewissen Sinn für Symmetrie und Proportionen. An den Materialien unterschiedlicher Schuhe kann man die Techniken der Darstellung üben: Ist das ein glänzender Lackschuh, ein Lederstiefel oder sind es alte und abgewetzte Turnschuhe?

Schon viele Künstler haben sich mit Schuhen beschäftigt. Sogar die Höhlenmaler verewigten Darstellungen von Schuhen. In unserem Alltag eine bedeutende Signalwirkung und Symbolik: So können Stiefel für Macht stehen, maßgeschusterte Anzug-Schuhe stehen für beruflichen Erfolg und High-Heels für Fashion und Erotik. In denen Märchen begegnen uns auch Zauberschuhe, die Schnelligkeit oder Unsichtbarkeit verleihen. Bevor Schuhe als zentrales Darstellungsobjekt ab dem 20. Jahrhundert immer mehr an Bedeutung gewannen, waren sie natürlich trotzdem Teil der Kunstgeschichte- meistens aber als Accessoire, als Bestandteil und Kleidungstück einer menschlichen Darstellung, auf der der Fokus lag. Aber auch die Darstellung der Schuhe als Nebenobjekt verrät uns viel über die Menschen jener Zeit. Schauen wir uns zwei kunsthistorische Beispiele an.

Die Sandalen des Apollo und Aphrodite

Der Apollo von Belvedere ist eine antike Skulptur aus Marmor, die im 15. Jahrhundert in der Villa des Kaisers Nero wiederentdeckt wurde. Apollo, dargestellt als nackter Bogenschütze, ist mitten in einer Bewegung, die Ferse eines Fußes ist angehoben. An den Füßen trägt er Sandalen. Die Stränge der Sandalen wirken edel und fein. Durch die Nacktheit des Körpers werden die Sandalen besonders akzentuiert, bilden aber ein so harmonisches Bild, dass der französische Schriftsteller Gustave Flaubert sagte: „Die Sandalen wurden für diese Füße – und diese Füße für diese Sandalen“ geschaffen.

Auch bei der Göttin Aphrodite spielte in der Kunst das Tragen oder nicht Tragen eine Rolle. Dem Mythos entbrannte Hermes in einer unerwiderten Liebe zu Aphrodite. Hermes bat Zeus um Hilfe. Dieser schickte einen Adler, der Aphrodite einen ihrer Sandalen stahl. Um ihren Schuh wiederzubekommen, musste Aphrodite sich Hermes unterordnen. Das bekannteste Kunstwerk, das Aphrodite und ihre Sandalen zeigt, ist die Skulptur „Eros und Pan“ aus dem 1. Jahrhundert v. Chr: Die nackte Göttin Aphrodite versucht die Annäherungen von Pan (ein Wesen mit Ziegenbeinen- und hörnern) abzuwehren: Dabei hält sie ihre Sandalen in die Höhe und holt damit aus.

Die Halbschuhe des Arnolfini

Jan van Eycks Gemälde „Die Arnolfini-Hochzeit“ aus dem Jahr 1434 zeigt einen reichen Mann und seine Braut bei der Eheschließung. Sie stehen nebeneinander in einem häuslichen Raum, der Mann hält die Hand der Frau. Die beiden sind barfuß: Seine ausgezogenen Schuhe liegen am linken Bildrand, ihre im Hintergrund vor dem Bett. Während der Renaissance trugen respektable Bürger Hausschuhe, die Hausschuhe waren dabei ein Zeichen für Bequemlichkeit, aber auch Treue dem Ehepartner gegenüber. Warum also sind die beiden dann barfuß? Mit denen ausgezogenen Schuhen verweist der Künstler auf das Alte Testament: Während des Ehegelübdes war der Raum und der Boden des Raumen heilig. Als Moses sich dem brennenden Dornbusch näherte, bekam er von Gott die Aufforderung, die Schuhe auszuziehen, denn der Boden sei heilig.

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